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Der Sommer hat begonnen. Wie er wohl wird? Die Antwort kennt ganz allein der Bilch.
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Am 27. Juni wird, was manche vielleicht nicht wissen, jedes Jahr der „Weltbilchtag“ begangen. Geehrt wird damit die Familie der Gliridae. Systematisch angesiedelt ist sie zwischen Mäusen und Hörnchen. Mit etwas Glück kann man bei uns vier Arten beobachten: Die Haselmaus, den Gartenschläfer, den Baumschläfer und den Siebenschläfer.
Wie man die vier heimischen Bilche unterscheidet
Was der Bauer weiß
Am bekanntesten ist natürlich der Siebenschläfer (Glis glis). Denn nach ihm ist eine berühmte Bauernregel benannt: „Das Wetter am Siebenschläfertag sieben Wochen bleiben mag“. Ganz aus der Luft gegriffen ist sie nicht. Meteorologen sprechen bei der Großwetterlage, die sich um diese Zeit gern einstellt, von einer Singularität. Das hängt mit dem Jetstream in der Troposphäre zusammen, der dann entweder für ein stabiles Hochdruckgebiet sorgt oder für ein anhaltendes Tief über Mitteleuropa. In sechzig bis siebzig Prozent aller Fälle trifft die Prognose tatsächlich ins Schwarze.
Allerdings mit zwei Einschränkungen. In Norddeutschland gilt die Regel schon nicht mehr, weil dort das Klima viel stärker unter maritimem Einfluss steht. Und spätestens nach der gregorianischen Kalenderreform von 1582 fällt der Siebenschläfer nicht mehr auf den 27. Juni, sondern auf den 7. Juli.
Wie der Siebenschläfer lebt
Seinen Namen trägt der Siebenschläfer aus gutem Grund. Zusammengekringelt passt er mühelos in eine menschliche Hand, fühlt sich dort aber nicht sehr wohl und „knurrt in schnarchender Weise jeden wütend an“, wie Brehms Tierleben weiß; ansonsten sei sein Wesen nicht gerade munter.
Das könnte man noch als Untertreibung bezeichnen, denn spätestens im Oktober verkriecht sich der Bilch an einen geschützten Ort und kommt bis zum Mai nicht wieder hervor. Dann steht er vor der existentiellen Frage, ob es sich überhaupt lohnt, Nachwuchs in diese unsichere Welt zu setzen.
Dass die Jungen, die zwischen August und Ende September geboren werden, genug zu fressen finden, um anschließend den fast schon wieder fälligen Winterschlaf zu überstehen, hängt nämlich entscheidend davon ab, wie die Buchen oder Eichen fruchten. Wird es ein Mastjahr, ist das kein Problem, bleiben Eckern und Eicheln knapp, sind die Aussichten für den Nachwuchs eher düster.
Ein verschnarchter Prophet
Mitarbeiter der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben die prognostischen Fähigkeiten von Siebenschläfern getestet, indem sie den einen pro Woche zweihundert Gramm Sonnenblumenkerne vorsetzten, während die anderen leer ausgingen. Praktisch alle gemästeten Bilchmännchen entwickelten funktionstüchtige Hoden, die Weibchen bekamen durchweg Junge, während es in der Kontrollgruppe nur halb so viel Nachwuchs gab.
Ein Mangel an energiereicher Nahrung, so folgerten die Veterinäre, würde demnach eine Art Geburtenkontrolle auslösen. Wohingegen in Jahren, in denen schon früh viele Fruchtknospen an den Bäumen hingen, ein regelrechter Babyboom herrscht. Nebenbei stellte sich heraus, dass der Siebenschläfer, falls es nicht genug zu knabbern gibt, auch im Sommer seiner Passion folgt und wochenlange Nickerchen hält. Rechnet man noch hinzu, dass der Bilch, selbst wenn er aktiv wird, nur des Nachts auf Trab kommt, ist es keine Frage mehr, wer den Titel des Ratz-Weltmeisters verdient.
Exkurs (I): Die Fakten
Wie kann man den Großteil seines Lebens mit Siesta verbringen und trotzdem über die Runden kommen? Die Schriftstellerin Kathrin Passig , die zu den Menschen gehört, die von der sogenannten “Schlummerkirankheit” namens Narkolepsie betroffen sind, hat sich eingehend mit dem Thema beschäftigt . Sie betreibt neben vielem anderen auch eine Website, die dem Siebenschläfer und seinen Verwandten gewidmet ist. Man findet dort die erstaunlichsten Fakten. Die Römer beispielsweise waren ganz versessen auf das Fleisch der Bilche und mästeten sie in eigens zu diesem Zweck konstruierten Gliarien Ihr Fett wurde im elisabethanischen Großbritannien als probates Schlafmittel gehandelt. Und in manchen Gegenden gelten sie noch heute als Leckerbissen.
Exkurs (II): Die Legende
Seinen Namen verdankt der Siebenschläfertag nicht dem gleichnamigen Tier, sondern einer alten Legende. Demnach hätten sieben junge Christen in der Zeit der Christenverfolgung unter Kaiser Decius (249–251) in einer Berghöhle nahe Ephesos Zuflucht gesucht. Sie seien entdeckt und lebendig eingemauer wordent. Wie durch ein Wunder starben sie nicht, sondern verbrachten die folgenden zwei Jahrhunderte im Tiefschlaf. Am 27. Juni 446 wurden sie durch einen Zujfall entdeckt, wachten auf und bezeugten damit den Glauben an die Auferstehung der Toten. Was ihnen freilich nicht viel nützte, denn kurze Zeit darauf segneten sie erneut das Zeitliche.
Die fromme Legende von den Siebenschläfern wurde erstmals im 6. Jahrhundert schriftlich dokumentiert, Gregor von Tours übersetzte sie ins Lateinische. Es existieren mehrere syrische und griechische Varianten. Auch der Islam berichtete davon (Sure 18 des Korans “al-Kahf“‘).
Quelle: Wikipedia
Aus der Passio septem dormientium (Sieben Schläfer von Ephesos) © Wikipedia common
Der Sommer steht vor der Tür. Wie er wohl wird? Die Antwort kennt ganz allein der Bilch